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SOCIALSTORE AWARD | «Fairness und Nachhaltigkeit sollen Standard sein»

08. September 2021 / Jenny Nerlich
Ein schöner Ring. Eine handliche Tasche. Ein gut sitzender Schuh. Mode interessiert uns alle. Doch wer bestimmt eigentlich, was wir modisch finden? Und warum finden wir etwas schön? Das weiss Susanne Schmid. Sie ist Jurymitglied beim diesjährigen Socialstore Award und bewertet Produkte in der Kategorie «Schmuck & Mode».

Was macht ein schönes Produkt aus?

In erster Linie ist es ein Zusammenspiel von Ästhetik, Qualität, Funktionalität und Haptik. Wenn diese vier Komponenten zusammenspielen, empfinden wir ein Produkt als schön. In zweiter Linie sind es die inneren Werte, die genauso wichtig sind – Herstellung, Ressourcenverbrauch und Langlebigkeit des Nutzens. So kann ein stylischer Turnschuh zwar begehrenswert sein – wenn man aber weiss, dass er in einem Sweatshop in China hergestellt wurde, leidet die positive Ausstrahlung. Im Gegenzug kann ein handgewobener Schal trotz imperfekter Webkante und unregelmässiger Webstruktur die Strahlkraft eines exklusiven Qualitätsprodukts haben.

Wer bestimmt, was neuer Modetrend wird?

Trends sind eine wunderbare Sache – sie wecken neue Inspirationen und legen uns nahe, Dinge neu zu entdecken. Sie entstehen sowohl Top-Down, das heisst von Designer*innen, Marketingfirmen und Medien gepusht, als auch als Grassroot-Bewegung. Das ist eine politische oder gesellschaftliche Initiative, die aus der Basis der Bevölkerung entsteht. Designer*innen, Firmen und Medien versuchen die Ideen der Grassroot-Bewegung zu kopieren oder einzunehmen. Das ist zwar verständlich, aber oftmals rein kommerziellen Ansätzen geschuldet. Dann wird aus einem sogenannten Trend ein blosses durchschaubares Verkaufsargument.

Wenn es ständig neue Trends gibt, kann Mode dann überhaupt nachhaltig und ressourcenschonend produziert werden?

Grundsätzlich liegt es in der Hand der Konsument*innen, sich den Begehrlichkeiten der Industrie zu widersetzen. Ein Produkt, welches eine klassische Herstellung, Langlebigkeit, ressourcenschonende Verarbeitung sowie moderne Farben und Formen zu vereinen vermag, ist meine Idee von nachhaltiger Mode. Verbieten sollte man nichts. Aber man sollte den Blick schärfen für die Produktionsbedingungen und den Einfluss eines schnell gekauften, aber (fast) nie getragenen Kleidungsstücks auf Mensch und Umwelt. Wir müssen den Weg zurück zur Qualität finden – und uns fragen, ob wir jedem Trend hinterherjagen müssen.

Was ist Ihre Motivation als Jurymitglied bei den Socialstore Awards teilzunehmen?

Die Entwicklung von sozial hergestellten, aber kommerziell geeigneten, attraktiven Produkten ist eine spannende und wunderbare Zielsetzung. Es gibt auf diesem Gebiet noch viel Potenzial, denn nach wie vor produzieren viele soziale Werkstätten komplett am Markt vorbei, aufgrund eines fehlenden Anspruchs an Design, Funktionalität und Kommerzialität.  
Ich durfte bereits zwei Ladenkonzepte mit fairen Produkten von Null aufbauen – und dabei eine Vielzahl von jungen, nachhaltigen Labels begleiten und beraten. Mir liegt am Herzen, dass Fairness und Nachhaltigkeit im Konsum zu einem neuen Standard werden. Wenn wir es schaffen, dass solche Produkte ebenso attraktiv sind und qualitativ überzeugen wie Massenware, dann steht dem Erfolg nichts mehr im Weg.

 

Unsere Gesprächspartnerin

Susanne Schmid hat 2017 das Fair Trade Label Scout gegründet und ist Co-Leiterin des Geschäfts für Einrichtung und Vintagestücke Einzelstück mit Verkaufsstandorten in Zürich, Bern und Basel. Als Einkäuferin war sie jahrelang bei Manor tätig.

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