POLITIK | Rückblick Sondersession April 2024
Sie gehört schon fast zum politischen Brauchtum, die Sondersession des Nationalrats im Frühling. Und in der Tradition dieser Aufräum-Session nimmt der Sozial- und Gesundheitsbereich in der Regel ausgedehnt Platz ein. Dieses Mal stauten sich Vorstösse zur Behindertenpolitik. Einige Trouvaillen daraus.
23.4525 Mo Weichelt «Auch der Bund kommuniziert in Leichter Sprache»
War eigentlich zu erwarten, aber ist trotzdem ärgerlich: SVP, FDP und mehrteils die Mitte schlossen sich der ablehnenden Haltung des Bundesrats an und versenkten die Motion. Manuela Weichelt verlangte, das Abstimmungsbüchlein in Leichte Sprache zu übertragen und für Informationen der Bundeskanzlei z.B. Erklärvideos Menschen mit kognitiver Behinderung beizuziehen. – Einmal mehr wurde darauf verwiesen, dass die Verbesserung der Zugänglichkeit von Informationen Bestandteil der Arbeiten rund um die Behindertenpolitik 23-26 ist. Dieser Hinweis wird schon fast zum Standard. Wenn damit nur nicht falsche Erwartungen geweckt werden.
24.3001 Po SPK-N «Prüfung von Massnahmen zur Verbesserung der politischen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen»
Ein Schritt, auch wenn vorerst «nur» einmal ein Bericht erstellt wird. Der Nationalrat folgte damit der Empfehlung seiner Kommission und des Bundesrats. Konkret soll der Bundesrat prüfen, wie Bund und Kantone gemeinsam Unterstützung für eine chancengleiche politische Teilhabe sorgen können, wie dieser Nachteilsausgleich finanziell gestemmt werden könnte und wie sich eine stärkere Konsultation von Menschen mit Behinderung in den ausserparlamentarischen Kommissionen umsetzen lässt.
22.3740 Mo Weichelt «Fertig mit Benachteiligung von Menschen mit Behinderung»
Der Bundesrat sollte gemäss Motion, einen Entwurf für eine Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) ausarbeiten, um den Schutz vor Benachteiligungen durch private Dienstleistungsanbieter zu verstärken. Mit der Behandlung der Motion hat das Parlament zugewartet, bis der Vorschlag zur Teilrevision des BehiG vorlag. Mittlerweile liegt der Entwurf zur Teilrevision vor. Der darin vorgeschlagenen Meccano der «angemessenen und zumutbaren Vorkehrungen» zur Beseitigung von Benachteiligungen durch private Dienstleistungsanbieter ist aber wenig erfolgsversprechend. Siehe auch die Stellungnahme von ARTISET und INSOS. Der Nationalrat zeigte kein Einsehen und versenkte die Motion.
Für die Behandlung von zwei weiteren, hängigen Vorstössen reichte die Zeit nicht mehr aus. Ihnen droht langsam, aber sicher die Verjährungsfrist nach zwei Jahren. Gemeinsam ist beiden Vorstössen die ablehnende Haltung des Bundesrats:
- 22.3815 Po Suter «Rechtsgrundlagen mit der Behindertenrechtskonvention harmonisieren»
- 22.4385 Mo Fehlmann-Rielle «Geistige Beeinträchtigung. Keine Sterilisation ohne Zustimmung der betroffenen Person»